Freitag, 11. Januar 2008

Neue Salzburger Studie

Zitat:
Eine aktuelle deutsche Studie zeichnet entgegen dem Klischee vom gewaltbereiten Stubenhocker ein Bild von besonders geselligen Zeitgenossen mit dem Hang zu anspruchsvoller Unterhaltung.Eine Gruppe von Kommunikationswissenschaftern zeichnet nach Abschluss einer Studie ein Bild der Computerspieler, das nicht dem Klischee entspricht. Die Menschen, die sich dem Freizeitvergnügen Computerspiel hingeben, sind demnach keine isolierten Einzelgänger am Abgrund von Sucht und Gewalt, sondern besonders kommunikative Zeitgenossen mit einer Vorliebe für Geselligkeit und anspruchsvolle Unterhaltung.Der Bremer Professor Andreas Hepp und der Trierer Soziologe Waldemar Vogelgesang befassen sich in dem Sammelband mit der LAN-Szene, also den Teilnehmern privater oder öffentlicher Computerspielveranstaltungen im gemeinsamen Netzwerk. Sie näherten sich dabei den Computerspielern wie „Ethnologen, die Kontakt mit einer für sie unbekannten Spezies und ihrem Lebensraum herzustellen versuchen“. Ihre Beobachtungen führten zu dem Ergebnis, dass die Computerspieler in einem von ihnen selbst aufgebauten Lernbereich eine besondere Kompetenz in technischen Fragen entwickeln. Sie folgen dabei einem Selbstverständnis, das „für flexible Erwerbsbiografien immer bezeichnender wird“.Aber passen dazu die Gewaltorgien in Spielen wie „Counter Strike“ oder „Doom“? Die Forscher sehen das gelassen, da der irreale Spielcharakter immer gegenwärtig sei. Außerdem seien gerade auch „die kollektiven Baller- und Abschießspiele eingebunden in expressive Verhaltensmuster, gekoppelt an Witz, Spaßmachen und Albernheiten“. Sie sehen in diesen Spielen daher einen „Befreiungsversuch von den Rationalitätsanforderungen und der Problembeladenheit der modernen Alltagsrealität“. Mit anderen Worten: Der Alltag ist so belastend geworden, dass sich Computerspieler ihren eigenen Freiraum einrichten, in dem sie ungestraft auch einmal außer Kontrolle geraten dürfen.Und das tun mittlerweile nach Zahlen der Allensbacher Demoskopen immerhin 37 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Während dieser Anteil in den vergangenen zehn Jahren kaum gestiegen ist, haben die Nutzer von Online-Spielen zuletzt deutlich zugelegt – auf 17 Prozent. Online-Spieler sind vor allem unter den Jugendlichen von 14 bis 17 Jahren, eher bei Männern sowie in der Bevölkerung mit hohem Bildungsgrad zu finden.Die Szene des 2005 eingeführten Online-Spiels „World of Warcraft“ (WoW) haben die beiden Medienwissenschaftler Robert Seifert und Sven Jöckel untersucht. Bei diesem Spiel steht der Langzeitnutzen im Vordergrund – die virtuelle Fantasy-Welt existiert neben der realen Welt und entwickelt sich immer weiter. Bei der Befragung von Spielern stellten die Forscher fest, dass sich deren Motivation mit der Zeit ändert: Stehen am Anfang Nervenkitzel, Wettkampf und die Erkundung der neuen Welt im Zentrum des Interesses, wird später die virtuelle Gemeinschaft immer wichtiger. „Die Zeit, die man online verbringt, nimmt zu, und der Grund dafür ist nicht mehr das spielerische Töten von Monstern und das Sammeln von Gegenständen, sondern stattdessen das Treffen von Freunden.“Der Erfurter Professor Friedrich Krotz versteht Computerspiele als eine neue Kategorie der Kommunikation: Neben der persönlichen und der Massenkommunikation über die Medien stellen sie eine interaktive Kommunikation dar, bei der die Kommunikationsebene und zum Teil auch die Kommunikationspartner von Software und Hardware gestaltet werden.Krotz erwartet, dass künftig immer mehr Geräte eine eigene kommunikative Intelligenz erhalten: „Tote Dinge werden kommunikationsfähig und damit in gewissem Sinn lebendig.“Die Wissenschafter erwarten, dass Computerspiele künftig noch mehr als bisher den Alltag durchdringen und damit auch kulturprägend wirken. Dazu passt auch der Trend, dass ältere Computerspieler über 35 Jahren schon jetzt keine Seltenheit sind.Unter diesen finden sich vor allem Freizeit- und Gelegenheitsspieler, die gelernt haben, dieses Hobby mit ihren beruflichen und familiären Tätigkeiten in Einklang zu bringen. Angesichts der verbreiteten Computerspielerfahrung bei Jugendlichen wird erwartet, „dass mit deren langsamen Älterwerden das Spielen unter Erwachsenen wohl zur ,alltäglichen‘ Normalität werden wird“.Gesellschaft muss wachsam bleibenDie Erkenntnisse der Kommunikationswissenschafter scheinen ganz im Interesse der Computerspielbranche zu liegen. Es gibt jedoch keinen Hinweis, der die Seriosität der Autoren in Zweifel ziehen würde. Diese haben in ihren Aufsätzen ausschließlich den Nutzen für die Computerspieler untersucht.Wenn es aber um die Inhalte geht, werden neue Fragen aufgeworfen. So merkt der Erfurter Professor Krotz kritisch an, dass Computerspiele auch als Übernahme kindlicher oder jugendlicher Fantasien durch Unternehmen aufgefasst werden könnten. „Hier ist die Zivilgesellschaft gefragt, die diese Prozesse beobachten, kontrollieren und dafür sorgen muss, dass die Menschen angemessene und gute Spiele auswählen können.“ Quelle: www.salzburg.com

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